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      11.5.2008  
         
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        Metallgewerbe und Metallfunde aus Nienover

Nach den archäologischen Funden und Befunden muß die Metallgewinnung und vor allem die Verarbeitung in Nienover eine erhebliche Rolle gespielt haben. Schlacken finden sich fast überall im Stadtgebiet. Da die ehemalige Geländeoberfläche durch Pflügen und Bodenerosion tiefgründig vernichtet ist können die ebenerdigen Einrichtungen von Schmieden nicht nachgewiesen werden. Es ist jedoch mindestens eine Eisenverhüttungsanlage aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts belegt sowie auf einem Areal im Stadtzentrum eine Reihe von Öfen und weiteren Einrichtungen zum Schmelzen und Verarbeiten von Eisen (so vielleicht ein Röstofen) und Buntmetall. Hervorzuheben ist ein Ofen für Großgüsse, mit Sicherheit Glocken, vielleicht auch Grapen und andere Gegenstände. Buntmetall und Silber mussten importiert werden, am nächsten liegen der Harz und das Rheinische Schiefergebirge, wohin die Grafen Beziehungen hatten. Im Austausch könnten z.B. Holzkohle, Holz, gewerbliche Erzeugnisse oder Getreide in den Harz gelangt sein. In jedem Falle waren die umfangreichen Indizien für Eisengewerbe in Nienover Anlaß, in einem archäologisch-lagerstättenkundlich-historischen Kooperationsprojekt den regionalen Erzvorkommen in den Sandsteingebieten an der Oberweser und Leine auf den Grund zu gehen. Es gibt tatsächlich zahlreiche kleinere Vorkommen, von den etliche bis im 18./19.JH genutzt wurden. Am bedeutendsten ist das Vorkommen bei Markoldendorf nördlich des Solling, dessen erste Erwähnung wir einer Dasseler Urkunde von 1310 verdanken. Allem Anschein nach waren die Grafen frühzeitig im Bergbau und Eisengewerbe involviert, und die Anfänge städtischer Metallurgie lassen sich deshalb im Hauptort der Grafschaft im 12./13. Jahrhundert fassen, als mutmaßlich erste Konjunkturen zu verzeichnen waren, zumal eine zielgerichtete Prospektion in der Frühzeit bei bis dahin nicht oder wenig genutzten Lagerstätten relativ leichten Zugriff auf gute Erze ermöglichte. Mit welchem Umfang dabei zu rechnen ist, zeigen die 35 Schmiede in Uslar 1589, wobei zu bedenken ist, daß zusätzlich noch 2 Eisenhütten und 1 Kupferhütten bestanden. Auch für Markoldendorf und Dassel sind ähnliche Verhältnisse und eine große Anzahl von Hammerwerken belegt. Im unmittelbaren Umfeld von Nienover waren Erzschwarten in tertiären Sanden bei Amelith und bei Kammerborn zu gewinnen, Pingenfelder auf dem Hilmersberg zeigen alten Bergbau an. Daß heimische Erze nicht nur in Hochöfen zu gewinnen sind, sondern auch in Rennfeueröfen mittelalterlicher Bauart zeigen erste Versuche mit Originalmaterial und nachgebauten Öfen. Möglicherweise erleichterte man die Schmelze durch Hinzufügen importierter Erze aus dem Harz, wie im 18. Jahrhundert belegt.
Es ist schwierig, mit Sicherheit zu sagen, was die Metallhandwerker herstellten.

Nienover, kleinerers Steinfundament der Zeit um 1200 im Nordosten der zentralen Grabungsfläche, oben Pfosten- oder Ständerspur mit Bauopfer: l - gehenkelter Kugeltopf (vgl. Artikel über Keramik), 2 - älterer Eisenschmelzofen der Zeit um 1150-1200, 3 - Steinkonzentration der Zeit um 1200-1250 mit Buntmetall- und Silberverarbeitungsrelikten


Von den Erzeugnissen des Goldschmiedes ist nichts erhalten. Möglicherweise war er auch als Münzer tätig, denn mutmaßlich liessen die Grafen in ihrer Residenz in der ersten Hälfte des 13. Jahrhundert Brakteaten prägen. Auch die Produkte der Buntmetallgiesser ( und Beckenschläger?) sind nur ansatzweise faßbar: Großgüsse, gewiß Glocken, vielleicht auch anderes. Es ist anzunehmen, daß man auch Kleingerät herstellte wie die vor Ort gefundenen Pilgerampullen, kleine Grapen, Trachtzubehör wie Schnallen, Gewandschliesen, Nadeln, Nägel und Beschläge für Mobiliar, Griffel, Waagen und Gewichte. Der ungewöhnliche Nachweis von zwei kompletten dünnen Schalen / Pfannen könnte auf Beckenwerker hinweisen, auch Geräte wie Braupfannen sind denkbar, welche die Göttinger im 15. Jahrhundert in Uslar bestellten. Die Edel- und Buntmetallgewerbe könnten Handwerker nach sich gezogen haben, die für den anspruchsvollen Bedarf arbeiteten wie Riemenschneider und Weißgerber. Die Wasserkanäle in dem flachen Keller neben der Giesserparzelle im Stadtzentrum könnten zu einer Feingerberei gehören. In einer kleineren Stadt der Frühzeit können aber auch mehrere derartige Tätigkeiten in einer Hand vereinigt gewesen sein.

Nienover, ausgewählte Silber- (11) und Buntmetallfunde, 1 - Profilierte Schnalle; 2 - Schnalle; 3 - Klappwaagenfragment (?); 4 - Bleigewicht; 5,6,9,12 - Beschläge; 7 - Balken einer Feinwaage; 8 - Pilgerampulle (?); 10 - Grapenfuß; 11 - geschnittene Silberbleche; 13 - Grapenrand; 14 - angeschmolzenes Rohstück (Glockenmetall) - Spätes 12. und 13. Jh.
 

Noch umfangreicher wird das Produktionsspektrum der Schmiede gewesen sein. Es ist anzunehmen, daß ein großer Teil des örtlichen Bedarfs in der Stadt gedeckt werden konnte und man zudem für den größeren Markt produzierte. Zu den in der Stadt gefundenen geschmiedeten Gegenständen gehören zahlreiche Varianten von Bau- und Hufriegeln, Beschlägen und Schlössern, Schlüssel, Messer, Dolche, Schere, Hufeisen, Steigbügel und weiteres Reit- und Fahrzubehör; An Waffen sind Armbrustbolzen und Pfeilspitzen sowie ein Jagdmesser/Dolch nachgewiesen, es sind vermutlich auch Schwerter und möglicherweise Rüstungen und Schilde hergestellt worden, denn es gab in Nienover wahrscheinlich bereits damals ein Gestüt und der Name Schwertfeger ist in Dassel verbreitet. Möglicherweise geben zukünftig Materialanalysen von Erzen und Produkten höhere Aufschlüsse.

   
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