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WALDGLASHÜTTE "AM LAKENTEICH"
Das Weserbergland gehörte seit
etwa 1200 - 1850 zu den wichtigsten Herstellungsgebieten von Glas in
Europa. Grundlage waren die großen Holzvorräte, reine Sande, Gewässer und
die gute Verkehrslage. Aus Holzasche und Sand wurden bei etwa 1200-1300°
Gefäße und Fensterglas erstmals in nachrömischer Zeit als Massenartikel
erschmolzen und seit dem 17. Jh. weltweit verhandelt.
Die Glasmacher bildeten eine starke, weitgehend abgeschlossene soziale
Gruppe von Unternehmern und Hilfskräften, die ihre Betriebsgeheimnisse
hüteten. Ihr Umgang mit dem unendlich bildsamen, aber auch
hochempfindlichem Werkstoff Glas bleibt in vieler Hinsicht faszinierend.
Der vielseitige Hüttenbetrieb im einsamen Walde schließt Aspekte der
Ökologie, der Forst- und Holzwirtschaft, der Landesverwaltung ebenso ein,
wie frühe Industrialisierung, regionale und internationale Verflechtung
von Handel und Gewerbe, Bauen, Wohnen, Leben und Arbeiten.
Selbst in massenhaft hergestellten Gebrauchsgefäßen entbehrt die
Glasmacherei nicht schöpferischer, spielerischer, individueller,
künstlerischer Ambitionen.
Die Hütte am Lakenteich arbeitete von ca. 1659-1690 (Meister Franz
Seidensticker) in wirtschaftlich schwierigen Zeiten des Umbruchs vom
patriarchalischen Handwerksbetrieb zur in neue Formen des globalen
Vertriebs eingebundenen Manufaktur.
Ziel der Grabungen ist es erstmals im Solling die Betriebsstruktur einer
Glashütte archäologisch zu erforschen. Im Blickpunkt stehen dabei
besonders die Öfen und die Werkshalle, aber auch die Produkte und das
Leben und Arbeiten der Glasmacher. Vermutlich stellte man Fensterglas und
Gefäße überwiegend aus leicht grünlichem Glas her, daneben vielleicht auch
Farbglas und entfärbtes Glas, dem auf dem Sektor des Tischgeschirrs und
der Spiegel die Zukunft gehörte. Die Formenwelt steht auf der Schwelle
zwischen Renaissance und Barock.
Wir sind auf die Ergebnisse unseren Forschungen sehr gespannt, die
gefördert werden im Rahmen des EU-Projektes LEADER+ Erlebnis
Kulturgeschichte - Kulturhistorisches Sollingprojekt in Kooperation
zwischen dem Seminar für Ur- und Frühgeschichte, dem Ökologiezentrum der
Universität Kiel (Prof. Dr. H.-R. Bork), dem Staatlichen FA Dassel, der
Stadt Uslar und dem Landreis Northeim sowie dem Niedersächsischen
Landesamt für Denkmalpflege.
Prof. Dr. H.-G. Stephan
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