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Geomagnetik
Serge Reich
Abb1. Lage der
prospektierten Flächen 2003; daneben Altflächen 2002(dunkel) und
Altflächen 1996-2001(weiß umrandet); weiterhin Schloss, Strassen und
weitere Bebauung
Beim Beginn einer Grabung stellt sich dem Archäologen häufig die Frage, wo
genau er seine Grabungsflächen anlegt. Das heißt, er muss sich
entscheiden, wo genau die aufschlussreichen Strukturen im Gelände zu
finden sein könnten und wo eher nicht. Falsch angelegte Flächen kosten
viel Arbeit und Geld und bringen wenig interessante Ergebnisse.
In Nienover zeigen die Reste der Wallanlagen deutlich die Ausmaße der
Stadt. Das Problem eine kleine archäologische Struktur (wie z.B. Haus,
Ofen oder Strasse) auf einer großen Fläche zielgenau zu finden, stellt
sich hier auf den ersten Blick also nicht. Leider fehlt durch Beackerung
und Erosion hier im schlimmsten Fall bis zu 1m bis zur ursprünglichen,
mittelalterlichen Oberfläche. Von den zahlreichen Strukturen, die die
Stadt hinterlassen hat, bleiben also teilweise nur tiefe Strukturen wie
Keller, Brunnen und Grabenanlagen. Obwohl hier durch die ungewöhnliche
Geologie im Untergrund geophysikalische Verfahren wie Geomagnetik,
Geoelektrik und Georadar an Grenzen stoßen, wurden hier im Rahmen einer
Forschungsgrabung alle drei Verfahren eingesetzt (GGA Hannover und Reich)
um die Topographie der Stadt zu ergänzen und die aufschlussreicheren
Strukturen gezielt zu ergraben.
Alle drei Verfahren haben unterschiedliche Vor- und Nachteile.
Allen dreien gemeinsam ist der Vorteil, dass man schnell und
zerstörungsfrei Ergebnisse über eine archäologische Fläche bekommt. Der
Nachteil bei allen dreien ist, dass das Verfahren keinerlei Datierung
anbietet. Man kann zwar sagen, dass ein Struktur vorliegt, aber nicht,
wann diese erzeugt wurde.
Geoelektrik hat sich, wie die Geomagnetik, als archäologisches
Prospektionsverfahren bewährt. Hier wird mit Sonden der elektrische
Widerstand an verschiedenen Stellen im Boden gemessen und aufgezeichnet.
Flächig dargestellt können so, unter Umständen, archäologische Strukturen
sichtbar werden. Der Vorteil liegt darin, dass teilweise bei bestimmten
Sondenanordnungen Aussagen über die Tiefenlagen von Strukturen gemacht
werden können. Der Nachteil liegt im hohen Zeitaufwand (und damit im
Preis) und einer relativen Unhandlichkeit in schwierigem Gelände.
Bei Georadar verschärfen sich diese Probleme noch mehr. Unter günstigen
Umständen können aber genauere Aussagen über Tiefenlagen gemacht werden.
Ein weiteres Problem ist das Wasser im Boden. Dieses reflektiert teilweise
so stark, dass archäologische Strukturen nicht mehr ins Gewicht fallen.
Bei der Geomagnetik ist es umgekehrt. Aussagen über Tiefenlagen können nur
unter besonderen Umständen gemacht werden. Dafür ist eine Fläche schneller
zu bearbeiten.
Abb2. Das Arbeitsbild
für die Flächenanlage 2003 – Altschnitte, geplante Flächen und verdächtige
Strukturen
Die geomagnetische Auswertung baut wie die Grabung selbst auf die
Unterschiede des Verfüllmaterials des Befundes (z.B. Grube/Keller) zum
umgebenden Bodenmaterial. Bei einer Ausgrabung unterscheidet man solche
Befunde durch Farbe und Beimengungen wie z.B. Holzkohle, gebranntem Lehm,
Huminstoffen und nicht zuletzt von Keramik und Metallobjekten vom
ungestörten Boden.
Im Magnetogramm unterscheidet man Strukturen aufgrund der
unterschiedlichen magnetischen Eigenschaften von Befund zum umgebenden
Material. Meist decken sich die Ergebnisse, teilweise ergänzen die
Ergebnisse sich gegenseitig. Unter gewissen Umständen gibt es Strukturen,
die nicht im Magnetogramm auftauchen und manchmal gibt es Strukturen, die
sich nicht im archäologischen Befund abzeichnen. So der Kreisgraben aus
Alburg, Stadt Straubing. Eine kreisförmige Struktur im Magnetogramm
zeichnete sich im Planum der anschließenden Grabung nicht ab. Erst Wochen
später wurde sie durch die Witterung sichtbar.
Neben einer Vororientierung im Gelände bietet die Magnetik beim Vergleich
der Grabungsergebnisse weiterführende Informationen über die nicht
ergrabenen Strukturen durch Analogieschlüsse. Im günstigen Fall kann man
so zerstörungsfrei, also ohne in den Boden einzugreifen und die
jahrhunderte- oder jahrtausendealten Strukturen auszugraben, zahlreiche
Aussagen treffen. Bei minimalem Eingriff, also nur die Ergrabung von
ausgewählten Strukturen, kann man die Ergebnisse verifizieren und
weitergehende Aussagen wie Ausmaße, Art der Strukturen, Erhaltungszustand
und Zerstörungsfortschritt machen.
Abb3. diese Struktur
hat sich als 1,5m tiefer Keller herausgestellt
Abb4. bei der Struktur oben links handelt es sich um einen 3m tiefen
Brunnen, bei der Struktur unten rechts handelt es sich zwar um einen
Keller, allerdings erosionsbedingt nur noch 15cm tief
Ursprünglich wurde die Geomagnetik in der Geologie eingesetzt. Die im
Vergleich oft viel kleineren und filigraneren archäologischen Strukturen
benötigen neben der reinen Messung eine umfangreiche Datenaufbereitung im
Computer. Störende Faktoren wie Schwankungen des Magnetfeldes und störende
Metallobjekte müssen entfernt oder in ihrem Ausschlag begrenzt und die
archäologischen Strukturen hervorgehoben werden.
Ein Beispiel:
Abb5. unbearbeitete
Daten
Abb6. bearbeitete Daten
Wichtig ist daher eine Auswertung der Ergebnisse. Nichtarchäologische
Strukturen müssen aussortiert, archäologische, wenn möglich, unterschieden
und identifiziert werden.
Unten ein Beispiel bei der Identifizierung der Strassen, Keller und
Parzellen anhand von Grabungsergebnissen und Geomagnetik. Die Häuser
selbst waren natürlich weitaus größer. Der Keller lag, wenn überhaupt, im
hinteren Teil des Hauses.
Abb7. Interpretation
nach Grabungsergebnissen, Geophysik und deren Interpolation
Abb8. eine
Umzeichnung
1 J.Fassbinder/W.Irlinger/N.Schleifer/H.Stanjek, Methodische
Untersuchungen zur Magnetometerprospektion: Das frühmittelalterliche
Gräberfeld von Alburg, Stadt Straubing, Niederbayern. Arch. Jahr Bayern
1998. |
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